Letze Aktualisierung Bernhard Merl 09.01.2022

©Lauftreff Teublitz 1987

 

 

 

Fahrt des LT-Teublitz nach Würzburg (14.05.04 – 16.05.04)

Die Idee entstand während des Sizilienurlaubs im letzten Jahr. Den Köppl Willi begleitete damals ein Arbeitskollege, der Münzel Charly, ein leidenschaftlicher Läufer. Und weil sich so mit den Lauftrefflern gleich zu gleich gesellte, und diese ohnehin ein reiselustiges Volk sind, war es schnell ausgemacht, den Marathon in seiner Heimatstadt Würzburg zu besuchen.
Den Charly dürften wohl nur die kennen, die ihm in Sizilien oder hier in Würzburg begegnet sind. Bekannter – zumindest in Sportlerkreisen – ist sein Bruder Wolfgang, der vor Jahren Mitglied der Berglauf-Nationalmannschaft war.

Ins Land der Franken fahren heißt zuallererst Begegnung mit einer ausgeprägten Weinkultur. Schon vom Zug aus waren ringsum die Weinberge sichtbar. 6000 Hektar dürften es noch in Franken sein, im Mittelalter sollen es gar 40.000 Hektar gewesen sein. So erzählte der Winzer, den der Charly für die Besucher aus der Oberpfalz organisiert hatte, damit er ihnen das Kulturgut Wein etwas näher brächte.
In der Winzergenossenschaft Thüngersheim erfuhren sie, wie das Keltern der Trauben vor sich geht, Wissenswertes über die Vermarktung des Weins, sowie über die Organisation dieser Institution. Dass so eine Genossenschaft auch über einen repräsentativen Weinkeller verfügt, muß nicht besonders hervorgehoben werden. Interessanter ist da schon, dass dem Pfarrer des Ortes ein „Deputat“, ein gewisses Kontingent an Wein, zusteht. Das erinnert dann doch sehr an den Zehnten, den leibeigene Bauern im Mittelalter an Adel und Kirche entrichten mussten.
Es soll hier übrigens noch nie Priestermangel geherrscht haben.

Bevor sich unser Winzer mit der Gruppe zu einer ausgiebigen Wanderung in die Weinberge aufmachte, hatte er mit seiner Frau eine deftige fränkische Brotzeit vorbereitet. In weiser Voraussicht, denn er hatte allerhand Weine und Selbstgebranntes zum Probieren dabei.
Das Prozedere ging dann so vor sich, dass seine Frau mit dem Auto vorausfuhr und bei jedem Halt Weine probiert wurden. Dazwischen klärte er die Besucher auf über Weinsorten, Weinanbau, Schnitt der Reben, und, und, und; so dass diesen fortan niemand mehr etwas über Riesling und Silvaner wird vormachen können.
Es wurde kein Kreuzweg, aber als es nach sieben Weinen hieß „wir haben noch zwei“, rollte doch so mancher die Augen, hatte man doch noch einen harten sportlichen Wettkampf vor sich. Vereinzelt war aber auch ein Seufzer der Erleichterung zu vernehmen, denn was hätte erst daraus werden können, wenn all die guten (S)Läufer (?) noch dabei gewesen wären, die man in der Heimat zurückgelassen hatte? Zumal der Winzer seinen Wein ebenso gerne trank, wie er ihn anbaute.
Aber schließlich ging alles gut vorüber, niemand hatte hinterher einen schweren Kopf, was natürlich für die Güte der verkosteten Weine sprach. Der Spruch eines Einheimischen, der gerade des Weges kam: „Hast den Bacchus in der Blutbahn, bist du sexy wie ein Truthahn:“ fanden unsere Oberpfälzer dann aber doch etwas übertrieben. Der dionysische Geist entfaltet seine Wirkung offenbar nur bei dem, der sich ihm oft genug hingibt.
Der Samstag stand ganz im Zeichen der Stadt Würzburg. Ursprünglich hatte der Charly eine zügige Besichtigung der Stadt mit Beschränkung auf die markantesten Punkte wie Burg und Residenz geplant, damit für den Lauf am nächsten Tag Kräfte gespart werden konnten. Dann aber zog sich die Tour doch bis weit in den Nachmittag hinein hin. Die Stadt war einfach zu reich an Sehenswürdigkeiten, als dass man hätte so ohne weiteres vorüberlaufen können.
Hier lohnte es sich für die Gruppe, dass sie den Hermann Stadelbauer dabei hatte, der aus seinem fundierten historischen Wissen heraus so manches interessante Detail zu den Erklärungen von Charly beitragen konnte.
„Warum denn in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nah“, wird sich derjenige gefragt haben, der zum ersten Mal in Würzburg war. Unvergesslich der Blick vom Mainufer aus über die alte Mainbrücke hinauf zum Käppele und zur Festung Marienberg; ebenso die Aussicht von der Burg in das Maintal und auf die Stadt hinaus zum „Würzburger Stein“, dem vielleicht bekanntesten Weinbaugebiet Frankens.
Wenn man sich vorstellt, dass die Stadt im zweiten Weltkrieg zu 82% zerstört wurde und dann dieser Vollkommenheit gegenübersteht, kann man ermessen, welche Tatkraft und Kunstfertigkeit nötig waren, um sie wieder in diesen makellosen Zustand zu versetzen.
Gerade letztere war z.B. im Übermaß bei der Restaurierung des Spiegelkabinetts in der Residenz gefragt, dessen leuchtender Goldglanz den Betrachter spontan an Bilder des gerade rekonstruierten Bernsteinzimmers in St. Petersburg erinnerte. Wie bei diesem konnte auch die Wiederherstellung des Spiegelsaals nur auf Grund alter Aufnahmen und unter Entwicklung neuer komplizierter Techniken vollzogen werden.

Ein wenig erinnert Würzbug den Besucher an Regensburg. Hier der Main mit der alten Mainbrücke, dort die Donau mit der Steinernen Brücke. Beide Städte scheinen ähnlich groß zu sein. Beide Male die historische Altstadt. Was Regensburg mehr an seltener historischer Substanz vorweisen kann, macht Würzburg wett durch mehr äußeren Glanz.

Den Vergleich könnte man auch fortführen, was den Marathon betrifft. Ebenfalls zwei Runden, ähnliche Streckenführung durch die Altstadt, ähnliche Teilnehmerzahl. Doch der sportliche Aspekt wird noch zu genüge von der Presse gewürdigt werden und sollte in einem Reisebericht nicht zum Thema werden.
Nach dem Marathon hatte sich die Gruppe geteilt. Die einen wollten so schnell wie möglich nach Hause, ein Paar aber waren noch mit dem Essen in Verzug und einer wollte noch auf die Siegerehrung. So kam es, das sich eine kleine Gruppe von vier Leuten bildete, sie später abreiste. Als diese dann in Nürnberg im Zug in eine Horde lärmender Club-Fans gerieten, war für sie bereits der Abstieg von den Höhen der Kunst in die Niederungen der profanen Alltagskultur vollzogen, die für die anderen spätestens am nächsten Tag wieder begann. Denn es war mal wieder Montag und wieder Arbeitstag.

Bericht:Jakob Jobst